Viele denken, eine Gebühr am Anfang ist ein Aufschlag, ein Bonus. Falsch. Die Acquisition Fee ist kein Extra. Sie ist der Preis für Verantwortung, Vorbereitung und Risiko – lange bevor ein Objekt einen Dollar an Einnahmen liefert.
In der Welt der institutionellen und semi-institutionellen Immobilieninvestitionen – insbesondere bei US-amerikanischen Immobiliensyndizierungen – stellt die Akquisitionsgebühr einen zentralen Vergütungsmechanismus für den Sponsor oder General Partner (GP) dar.
Sie entschädigt für den erheblichen Aufwand, der mit der Identifizierung, Analyse und Strukturierung einer tragfähigen Investition verbunden ist – in einer Phase, in der der Sponsor bereits Zeit und Kapital investiert hat, ohne Gewissheit über einen Abschluss zu haben.
Was ist eine Acquisition Fee?
Die Akquisitionsgebühr ist eine einmalige Zahlung an den Sponsor bei erfolgreichem Erwerb einer Immobilie. Sie wird in der Regel beim Abschluss aus dem eingeworbenen Investorenkapital gezahlt. Der Marktstandard liegt zwischen 1,0% und 3,0% des Kaufpreises.
Bei größeren Club Deals (ab 50 Millionen Dollar) bewegen sich die Gebühren tendenziell zwischen 1,0% und 1,5%. Bei kleineren Projekten oder neueren Sponsoren können Akquisitionsgebühren bis zu 5,0% betragen.
Der genaue Betrag hängt von der Projektkomplexität, der Dealgröße, der Erfahrung des Sponsors und der Investorenstruktur ab. In den USA ist diese Gebühr nicht nur gängige Praxis – sie ist ein zentrales Element der Risikoverteilung: Diejenigen, die die operative Last im Vorfeld tragen, werden im Vorfeld entschädigt. Sie ist ein fest vereinbarter Bestandteil der Vergütungsstruktur, der vollständig offengelegt, im Operating Agreement dokumentiert und mit den Investoren abgestimmt wird.
Wer also professionell sourct, analysiert, verhandelt, strukturiert, dokumentiert und Risiken vorfinanziert, braucht dafür ein operatives Fundament. Genau das ist die Acquisition Fee: keine Marge, sondern Struktur.
Warum wird die Akquisitionsgebühr gezahlt?
Die Akquisitionsgebühr ist keine Provision oder Erfolgsbonus. Sie ist auch keine Vertriebsmarge. Es ist die einzige Vergütung, die ein Sponsor erhält, bevor eine Immobilie Cashflow generiert.
Sie ist die finanzielle Brücke, die es professionellen Betreibern ermöglicht, gründliche Underwriting-, Due-Diligence- und rechtliche Strukturierungsmaßnahmen durchzuführen – oft Monate bevor ein Investor Kapital zusagt.
Diese Vorbereitung umfasst mehrere Phasen:

Deal Sourcing
Ein geeignetes Objekt zu finden, erfordert Zeit, Marktzugang und ein belastbares lokales Netzwerk. Sponsoren analysieren typischerweise hunderte Angebote, um eines zu finden, das dem Investorenkapital gerecht wird. Viele der besten Objekte werden nicht öffentlich vermarktet.
Ashcroft Capital berichtet, dass sie 80 bis 100 Angebote analysieren, bevor ein Deal zustande kommt. Bei Whitestone prüfen wir jährlich rund 500 Objekte – mit einem mehrstufigen Filter. Nur Angebote mit echtem Potenzial durchlaufen ein vollständiges Underwriting.
Underwriting & Financial Modeling
Sobald eine Immobilie in die engere Auswahl gekommen ist, beginnt eine eingehende Finanzanalyse. Diese umfasst: Mietrollenanalyse, Prognosen für Ausgaben und Rücklagen, Marktvergleiche, Renovierungsbedarf, Wertsteigerungspotenzial.
Daraus wird ein detailliertes Finanzmodell erstellt, das Cashflow, Finanzierung und Ausstiegsszenarien simuliert. Diese Phase erfordert 40 bis 100 Stunden spezialisierter Arbeit. Bis Mitte 2025 hat Whitestone etwa 100 vollständige Modelle erstellt und erwartet, bis zum Jahresende rund 250 zu komplettieren.

Kaufverhandlung (Purchase Negotiation)
Bleibt ein Objekt attraktiv, beginnt die Verhandlungsphase. Der Sponsor reicht ein indikatives Angebot ein (Letter of Intent, LOI) und verhandelt über Preis und Konditionen. In Märkten wie Florida oder Texas sind mehrere Bietrunden üblich.
Es folgt die juristische Prüfung eines 300+ Seiten starken Kaufvertrags. Erfahrene Anwälte verhandeln Haftung, Gewährleistung, Fristen und Formulierungen.

Finanzierungsstrukturierung (Financial Structuring)
Parallel zur Kaufverhandlung strukturiert der Sponsor die Finanzierung. Dazu gehören Gespräche mit Banken, Term Sheets, Auswahl der passenden Darlehensart (z. B. Agency vs. Bridge) und umfangreiche Prüfunterlagen.
Kreditverträge überschreiten oft 200 Seiten und erfordern technische Gutachten, Versicherungsnachweise, juristische Sign-offs und laufende Abstimmung über 30–60 Tage.
Versicherung & Nebenleistungen (Insurance & Ancillary Setup)
Objektspezifische Versicherungen müssen beschafft und verhandelt werden: Gebäude, Haftpflicht, Hochwasser, ggf. Bauwesen. Die Deckungen müssen zu Objekt und Finanzierungsstruktur passen. Es geht nicht um Standardprodukte, sondern um abgestimmte Policen.
Due Diligence
Hier werden die meisten Risiken sichtbar. Die Due Diligence umfasst: Technische Prüfungen (Dach, Elektrik, Sanitär), Umweltgutachten (Phase I/II), Lease Audits, Prüfung von Betriebskosten, HOA-Dokumenten, Steuerakten. Jede Einheit wird begehbar geprüft, jeder Mietvertrag gelesen und abgeglichen. US-Mietverträge umfassen im Schnitt 40–50 Seiten – entsprechend groß ist der Aufwand.
Rechtliche & Unternehmensstrukturierung (Legal & Entity Structuring)
Ist die wirtschaftliche Machbarkeit gesichert, wird die rechtliche Struktur aufgesetzt. Meist in Form einer US-LLC oder Limited Partnership.
Dazu kommen ein Private Placement Memorandum (PPM), Zeichnungsvereinbarungen, Operating Agreement. Parallel: Einhaltung regulatorischer Anforderungen wie SEC-Exemptions, KYC, AML.

Warum liegt die Acquisition Fee im Interesse der Investoren liegt
Eine Acquisition Fee schützt keine Margen – sie sichert Qualität. Sie ermöglicht es seriösen Sponsoren, die Komplexität eines Deals vorzufinanzieren, bevor Investorengelder zugesagt werden. Ohne sie würden Sponsoren entweder: Abstriche beim Underwriting machen, sich auf rückwärtig belastete Carry-Gebühren verlassen oder sich auf Deals mit geringer Komplexität beschränken.
Keine Akquisitionsgebühr, keine institutionelle Qualität. US-Strukturen sind transparent. Investoren sehen die Gebühr im Voraus, vergleichen sie mit Marktnormen und stellen die Ausrichtung des Sponsors sicher.
USA vs. Europa: unterschiedliche Logik, klarere Regeln
In deutschsprachigen Märkten werden Acquisition Fees oft skeptisch betrachtet – verwechselt mit Verkaufsprovisionen oder Maklermargen. In den USA ist die Logik jedoch anders: Der Sponsor ist Co-Investor, nicht Vermittler. Gebühren sind transparent, vorhersehbar und durch Vorschriften und Investorenvereinbarungen geregelt.
Fazit
Die Acquisition Fee ist kein Aufpreis. Sie ist der Vorschuss auf Verantwortung, der erforderlich ist, um aus Sorgfaltsprüfungen Geschäfte zu machen. Sie garantiert keine Renditen – aber ohne sie wären hochwertige Gelegenheiten nicht realisierbar. Sie ist kein Widerspruch zu Investoreninteressen – sondern eine Voraussetzung für ihre Wahrung.
Bei Whitestone betrachten wir dies als Teil einer logischen Kette: Vorbereitender Aufwand. Transparente Kosten. Langfristige Verantwortlichkeit. Das ist keine Bonusstruktur. Es ist eine Verantwortungsstruktur. Wer versteht, was vor dem Closing geleistet wird, fragt nicht: „Warum gibt es diese Gebühr?“
Sondern: „Wie könnte man ohne sie seriös investieren?“