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Die unbewohnbaren Staaten von Amerika

Am 17. Oktober 2024 veröffentlichte die deutsche Zeitung „Die Zeit“ einen Artikel mit dem Titel „Die unbewohnbaren Staaten von Amerika“, der die zukünftige Versicherbarkeit von Risiken in den USA grundlegend in Frage stellt.

Der Artikel geht mit anekdotischer Evidenz vor und fragt: „Werden Teile der USA unbewohnbar?“ und nennt als Beispiele die Umsetzung eines Innuit-Dorfes in Alaska, die Isle of Jean Charles mit 350 Einwohnern, die seit 1950 durch Landerosion nahezu zerstört wurde, zehn seit 2020 in den Ozean fallende Häuser in North Carolina und Waldbränden in Paradise, Kalifornien mit Folgen für die Versicherbarkeit in den USA.

Es hilft, wenn man sich zunächst vergegenwärtigt, dass einige Beispiele etwas an den Haaren herbeigezogen wirken. Es wird für den gesamten Kontinent Europa wohl niemand die Unversicherbarkeit von Immobilien als zwingendes Zukunftsproblem nennen, wenn auf Sylt eine Handvoll von Häusern durch abgehende Dünen unbewohnbar werden und einstürzen.

Für die Schadensereignisse sollte man sich die Ursachen genauer ansehen.

Hurrikans und Stürme

Hurrikans und Tropische Stürme gibt es schon seit Menschengedenken in Florida und den Staaten an der Küste des Golfes von Mexiko. Diese Ereignisse sind nicht neu haben jedoch in ihren Schäden zugenommen.

Die Zunahme an Versicherungskosten ist prozentual in verschiedenen Märkten unterschiedlich zu beobachten:

Die prozentualen Steigerungen waren in den nicht von Stürmen stark beeinflussten Florida- und Golfküstenstaaten teilweise deutlich höher als in den Golfküstenstaaten.

Die absoluten Zahlen für Versicherungsleistungen liegen in den sturmgeprägten Regionen jedoch nachvollziehbar auf einem wesentlich höheren Niveau.

Erhöhung der Versicherungskosten

Der Anstieg der Versicherungsprämien variiert stark zwischen den verschiedenen Märkten. Interessanterweise sind die prozentualen Erhöhungen in Gebieten, die nicht so stark von Stürmen betroffen sind (wie Florida und die Golfküstenstaaten), oft höher als in sturmgefährdeten Regionen, obwohl die absoluten Versicherungsleistungen in diesen Hochrisikogebieten weiterhin deutlich höher sind.

Waldbrände

Die Ursache der Waldbrände in Kalifornien ist nicht in erster Linie der Klimawandel. Stattdessen spielen Brandstiftung und eine vernachlässigte elektrische Infrastruktur eine wichtige Rolle bei der Intensivierung und Ausbreitung von Waldbränden in der Region.

Reaktion von Versicherungen

Einige Versicherer haben sich teilweise aus bestimmten Staaten zurückgezogen oder planen dies. Dies ist derzeit in Kalifornien der Fall und war vorübergehend auch in Florida der Fall.

In Florida haben sich die Reformen zur Bekämpfung von Versicherungsbetrug positiv auf die Prämien ausgewirkt, insbesondere für Mehrfamilienhäuser.

Für unsere eigenen Bestände wird erwartet, dass die Erneuerungen Ende 2024 etwa 5 % niedriger ausfallen werden als im letzten Jahr, wobei die Preise für neue Policen deutlich niedriger sind als vor ein bis zwei Jahren.

Folgen für Immobilieninvestments

Insgesamt machen Versicherungen rd. 8% der Bewirtschaftungskosten von Commercial Real Estate (unter die in den USA auch Apartmentanlagen fallen) aus. Steigerungen in Versicherungsbeiträgen sind somit teilweise durch Kosteneinsparungen in anderen Bereichen ausgleichbar.

Arten von Versicherungen in den USA.

Für Apartmentanlagen gibt es verschiedene Versicherungen, die nur teilweise den deutschen Versicherungssparten entsprechen, teilweise aber auch völlig verschieden sind.

  • X-Wind – ist alles außer Wind, somit Feuer, Leitungswasser, Sinkholes (Erdlöcher, die die Standfestigkeit von Gebäuden beeinträchtigen können)
  • Wind only – ist alles, was durch Wind- und Sturmschäden verursacht wird (Tropical Storms, Tornados, Hurrikans).
  • General Liability – Haftpflichtversicherung; ist hier keine Pflicht, aber sehr anzuraten, da Mieter gelegentlich den Vermieter dafür verklagen, dass sie hinfallen oder sonst irgendwie auf der Immobilie zu Schaden gekommen sind.
  • Flood – deckt alle Überflutungsschäden, von steigenden Ozean- oder Binnengewässern bis hin zu Überflutungen, die durch Starkregenfälle auftreten können.
  • Business Income – trägt den Verlust von Einkommen, während ein Versicherungsfall abgearbeitet wird.
  • Umbrella – trägt Versicherungsfälle, die durch die General Liability nicht abgedeckt sind oder bei der die Deckungssumme der General Liability nicht ausreichend ist.

Trend zur Verschärfung sozialer Ungleichheiten?

In dem Artikel wird festgestellt, dass Menschen, die ein Haus entsprechend Feuer- und hurrikansicher bauen können, damit in den gefährdeten Gebieten wohnen bleiben können und andere ihre Häuser verlieren. Zunächst mal ist festzustellen, dass sich der Artikel auf Einfamilienwohnhäuser bezieht. Ja, wenn in Florida beispielsweise ein Einfamilienwohnhaus aus den 1960er Jahren nur eine Erhebung von rd. 2m über dem Meeresspiegel hat, dann ist die Gefahr einer Zerstörung durch eine Flut (beispielsweise durch einen Hurrikan) sehr groß.

Solche Grundstücke haben aber heute einen hohen Wert, bedingt durch die Lage am Wasser. Der Wertanteil des Gebäudes ist minimal. Wenn ein Eigentümer einen Kredit auf dem Gebäude hat, ist eine Versicherung unerlässlich und wird von der Bank auch mit der Rate eingezogen (und dann an die Versicherung weitergeleitet).

Das sichert die Bank dagegen ab, dass der Kunde die Versicherung nicht bezahlt und das Gebäude unversichert ist.

Es mag sicherlich Beispiele geben, in denen Versicherungen eine soziale Härte darstellen. Das sind jedoch keine großflächigen Erscheinungen, die einen erheblichen Einfluss auf die Märkte haben.

Im Bereich der Commercial Real Estate (Investitionsimmobilien) sind diese Beispiele extrem selten. Sicherlich kann es vorkommen, dass Immobilien durch höhere Versicherungskosten eine geringere Rentabilität haben und daher im Wert sinken.

Da der Anteil der Versicherungen am Gesamtkostenaufwand jedoch verhältnismäßig gering ist, ist dieser Werteinfluss auch entsprechend gering.

In der Due Dilligence ist das Risikolevel einer Investition sehr gründlich zu prüfen. Hier wird festgestellt, ob beispielsweise die Immobilie in einer „Flood-Zone“ liegt. Die hierfür dann notwendigen Versicherungen sind in die Bewirtschaftungskosten einzurechnen, die Grundlage für die Bewertung und auch für die Kreditwürdigkeit des Objektes sind.

Zukunftsausblick und Maßnahmen

Angesichts der sich verändernden klimatischen Bedingungen und der zunehmenden Häufigkeit extremer Wetterereignisse stellen sich Investoren und Eigentümer zunehmend die Frage nach der Langfristigkeit ihrer Investments in betroffenen Regionen.

Es ist unerlässlich, proaktive Maßnahmen zu ergreifen, um potenzielle Risiken zu mindern und die Sicherheit von Immobilien zu gewährleisten.

Stadtplanung und Resilienz-Strategien

Eine der vielversprechendsten Ansätze zur Bewältigung dieser Herausforderungen ist die Integration von Resilienzstrategien in die Stadtplanung. Viele Städte in den USA, wie Miami und New Orleans, arbeiten an umfassenden Plänen zur Verbesserung ihrer Infrastruktur, um zukünftigen Bedrohungen durch Überschwemmungen, Hurrikane und andere Naturkatastrophen besser gewachsen zu sein.

Zu den wichtigsten Initiativen gehören:

  • Verbesserter Hochwasserschutz: Bau und Verstärkung von Deichen und Dämmen zum Schutz von Wohngebieten.
  • Grüne Infrastruktur: Die Implementierung von Parks, Grünflächen und urbanen Wasserretentionstechniken kann helfen, die Wasserableitung zu verbessern und Überschwemmungen zu reduzieren.
  • Anpassung der Bauvorschriften: Strengere Bauvorschriften für Neubauten können eine größere Widerstandsfähigkeit gegen Naturkatastrophen gewährleisten, wie dies in Florida seit 1995 der Fall ist.

Marktanpassungen und Investorensichtweise

Für Investoren ist es wichtig, sich der Veränderungen in der Versicherungslandschaft und den potenziellen Auswirkungen auf ihre Portfolios bewusst zu sein.

Für Investoren ist es wichtig, sich der Veränderungen in der Versicherungslandschaft und den potenziellen Auswirkungen auf ihre Portfolios bewusst zu sein. Die zunehmenden Versicherungskosten in bestimmten Regionen könnte zu einer Verschiebung in den Investitionsströmen führen, wobei Anleger zunehmend sensibel für Hochrisikolagen (beispielsweise in Flutzonen) werden.

Die Diversifizierung von Investitionen und das Bewusstsein für Risiken und die daraus folgende Effekte werden somit entscheidend für zukünftige Entscheidungen.

Fazit

Die wichtigste Aufgabe von Investoren ist die gründliche Prüfung aller Risiken, die mit einem Investment verbunden sind. Dazu gehören die individuelle Lage und das Versicherungsrisiko ebenso wie strukturelle Fragen wie das Alter der Immobilie und die Bauweise.

Versicherungen sind dazu da, existentielle Risiken eines Investments abzusichern und sind nicht mehr oder weniger als ein fester Bestandteil jeder gesunden Kalkulation.

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