Die politische Bühne war groß, die Schlagworte noch größer: „Wachstum“, „America First“, „100 % Abschreibung“. Doch was bedeutet die am symbolträchtigen Independence Day, dem 4. Juli 2025 unterzeichnete „One Big Beautiful Bill Act“ wirklich für internationale Immobilieninvestoren?
Wir haben das Gesetz genau analysiert – mit einem klaren Fokus auf strukturierte Investments in US-Multifamily-Projekte. Unser Blick richtet sich auf Abschreibungen, Steuerplanung und Strukturierung.
1. Bonus-Depreciation: Abschreiben, was geht

Der „One Big Beautiful Bill Act“ ermöglicht die 100%ige Bonus-Abschreibung. Damit können Investoren den gesamten Anschaffungswert „qualifizierter Vermögenswerte“ im Jahr der Inbetriebnahme abschreiben – auch bei gebrauchten Immobilien.
„Qualifiziert“ sind bewegliche oder separat identifizierbare Bestandteile mit einer Nutzungsdauer von 20 Jahren oder weniger. Dazu zählen zum Beispiel Kücheneinbauten, Bodenbeläge, technische Ausstattung, Außenanlagen oder Beleuchtungssysteme – nicht jedoch tragende Bauteile wie Wände, Dächer oder Aufzüge.
Gerade bei Bestandsimmobilien sind diese Komponenten regelmäßig Gegenstand von Modernisierungen – etwa im Rahmen von Value-Add-Strategien. Diese müssen nun nicht mehr über viele Jahre bilanziert und abgeschrieben werden. Die Möglichkeit, solche Investitionen sofort steuerlich geltend zu machen, schafft Planungssicherheit, verbessert die Liquidität und erhöht die Eigenkapitalrendite.
Möglich wird das durch eine Cost-Segregation-Analyse, bei der der Kaufpreis einer Immobilie in kurzlebige Komponenten aufgeteilt wird. Diese können dann im Jahr der Anschaffung oder Herstellung sofort abgeschrieben werden.
Beispiel:
- Kauf eines Multifamily-Assets für $20 Mio.
- Cost Segregation identifiziert 25 % ($5 Mio.) als kurzlebige Vermögenswerte
- Bei einem Steuersatz von 25 % ergibt sich eine Steuerersparnis von $1,25 Mio. im ersten Jahr
Das lässt Investoren nicht nur leichter renovieren – sondern bilanziell optimieren.
2. Section 179: Ein Hebel, den viele übersehen

Wer wie wir in Bestandsimmobilien investiert, muss modernisieren – und genau hier setzt neben der Bonus-Abschreibung auch Section 179 an. Section 179 ist der weniger bekannte, aber äußerst wirksame Bruder der Bonus-Abschreibung – besonders bei nachträglichen Investitionen in Ausstattung und Technik.
Der Unterschied: Während die Bonus-Abschreibung automatisch greift, muss Section 179 aktiv gewählt werden – und ist auf bestimmte Investitionen begrenzt. Dazu zählen etwa: Klimasysteme, Schließsysteme, Beleuchtung, Müllpressen, Sicherheitskameras, Kommunikationsanlagen oder andere Gebäudetechnik, die nach dem Kauf eingebaut oder ersetzt wird.
Neu in der „Big Beautiful Bill“: Der steuerlich abzugsfähige Betrag wird von 1,2 auf 2,5 Mio. USD pro Jahr erhöht. Erst oberhalb eines Gesamt-Investitionsvolumen von 4 Mio. USD wird der absetzbare Betrag schrittweise reduziert.
Diese Grenze wird selten erreicht, außer bei sehr großen institutionellen Projekten oder Portfoliotransaktionen mit umfassender Technikinvestition in vielen Objekten gleichzeitig.
Ab 2026 steigen diese Schwellenwerte automatisch mit der Inflation – das sorgt für Planbarkeit, auch wenn Baukosten steigen.
Gerade bei Value-Add-Strategien entfaltet Section 179 seine Wirkung: Die Investitionen in Technik oder Ausstattung lassen sich im Jahr der Anschaffung vollständig abschreiben – das senkt die Steuerlast, erhöht den Cashflow und verbessert die Eigenkapitalrendite.
Beispiel:
- Ein Investor investiert 1 Mio. USD in neue Klimaanlagen und Sicherheitssysteme.
- Bei einem Steuersatz von 25 % spart er sofort 250.000 USD – Barmittel, die direkt für den nächsten Schritt genutzt werden können.
Fazit: Section 179 ist kein Ersatz für die Bonus-Abschreibung – sondern eine gezielte Ergänzung. Section 179 ist kein Steuergeschenk mit Gießkanne – sondern ein Hebel für präzise Modernisierung.
3. Die Big Beautiful Bill ist Gamechanger für gebrauchte Immobilien

Lange Zeit galten die steuerlichen Vorteile der Bonus-Abschreibung und von Section 179 nur für Neubauten oder fabrikneue Ausstattung. Das neue Gesetz hebt diese Beschränkung auf:
Auch gebrauchte Immobilien und gebrauchte technische Anlagen können jetzt vollständig von diesen Abschreibungsregeln profitieren.
Für Investoren wie uns, die bestehende Objekte kaufen und modernisieren – etwa im Rahmen von Value-Add-Strategien – ist das ein echter Wendepunkt. Denn: CapEx-Maßnahmen (also Investitionen in Erhalt und Verbesserung, z. B. neue Fassaden, Technik, Außenanlagen) können nun sofort steuerlich geltend gemacht werden.
Beispiel: Wie Bonus-Abschreibung und Section 179 zusammenspielen
Ausgangslage:
Ein Investor erwirbt ein älteres Mehrfamilienhaus für $10 Mio.
Zusätzlich plant er Investitionen in Höhe von $2 Mio. in Technik, Ausstattung und Modernisierung.
1. Abschreibung des Kaufpreises durch Cost Segregation
- Eine professionelle Cost-Segregation-Analyse stellt fest, dass 25 % des Kaufpreises – also $2,5 Mio. – auf kurzlebige, qualifizierte Wirtschaftsgüter entfallen (z. B. Bodenbeläge, Kücheneinbauten, Außenanlagen).
- Diese $2,5 Mio. können dank der 100 % Bonus-Abschreibung noch im Jahr des Closings vollständig steuerlich geltend gemacht werden.
- Bei einem effektiven Steuersatz von 25 % ergibt sich eine sofortige Steuerersparnis von $625.000.
2. Abschreibung der nachgelagerten Renovierungsmaßnahmen
- Die zusätzlich geplanten $2 Mio. CapEx umfassen z. B. neue HVAC-Systeme, Beleuchtung und Sicherheitstechnik.
- Diese Ausgaben können – sofern sie qualifizieren – über Section 179 oder ggf. ebenfalls über die Bonus-Abschreibung sofort geltend gemacht werden.
- Beispiel: Wenn $1 Mio. dieser Investitionen für Section 179 zugelassen sind, ergibt sich eine weitere Steuerersparnis von $250.000 (bei 25 % Steuersatz).
Ergebnis:
Die Gesamt-Steuerersparnis im ersten Jahr kann bis zu $875.000 betragen – ein Effekt, der die Eigenkapitalrendite deutlich erhöht und Liquidität für Reinvestitionen freisetzt.
4. QBI-Deduktion: 20 %, die viel verändern

Wer in den USA über eine Pass-Through-Entity – etwa eine LLC oder Partnership – aktiv in Immobilien investiert, profitiert jetzt dauerhaft: Bis zu 20 % des operativen Gewinns können bei der Steuerberechnung als Abzug vom zu versteuernden Einkommen geltend gemacht werden.
Auch bestimmte Erträge aus REIT-Beteiligungen fallen darunter – und machen Fondslösungen steuerlich attraktiver.
Beispiel:
- Ein Investor erzielt 500.000 USD Gewinn aus einer US-Immobilien-LLC.
- Durch die QBI-Deduktion werden 100.000 USD abgezogen. Es verbleiben 400.000 USD als steuerpflichtiger Gewinn.
- Bei einem Steuersatz von 25 % ergibt sich eine Steuerlast von 100.000 USD statt 125.000 USD – eine Ersparnis von 25.000 USD.
5. Internationale Strukturierung: Mehr Spielraum, weniger Reibung

Internationale Investoren, die US-Immobilien über ausländische Gesellschaften halten, mussten seit 2017 steuerlich besonders aufpassen: Die damalige Steuerreform (TCJA) hatte die sogenannten Controlled Foreign Corporation-(CFC)-Regeln ausgeweitet – insbesondere durch die Abschaffung der sogenannten Downward Attribution-Schranke.
Die Folge: Auch reine Auslandsgesellschaften konnten plötzlich als US-steuerpflichtige CFC gelten – allein durch mittelbare Verbindungen zu US-Personen. Das hat viele Strukturen unnötig verkompliziert – und internationale Investitionen in passive US-Vehikel erschwert.
Der neue Gesetzesentwurf bringt nun Klarheit: Die alte Regel wird wiederhergestellt – und die Downward Attribution ausgeschlossen. Das heißt: Eine ausländische Holdingstruktur gilt nicht mehr automatisch als CFC, nur weil ein US-Investor irgendwo beteiligt ist.
Für unsere Praxis bedeutet das:
- Mehr Gestaltungsspielraum bei der Investment-Strukturierung
- Weniger Meldepflichten
- Weniger Risiko unbeabsichtigter US-Steuerfolgen
Vor allem aber: Die USA machen es internationalen Investoren wieder leichter – ohne auf Transparenz oder Regulierung zu verzichten. Genau dieser Gleichklang aus Offenheit und Ordnung ist einer der Gründe, warum wir dort investieren.
6. Dauerhafte Regeln. Verlässliche Entscheidungen.

Viele der neuen steuerlichen Vorteile – wie die Bonus-Abschreibung oder die QBI-Deduktion – wurden nicht nur verbessert, sondern dauerhaft verankert. Das ist kein technisches Detail. Es ist die Grundlage für etwas, das im Investieren selten geworden ist: Planungssicherheit.
Anders als in Deutschland, wo steuerliche Anreize oft befristet oder regulatorisch überfrachtet sind, erlaubt der US-Markt jetzt klare Entscheidungen – für Investoren, die nicht auf Hype, sondern auf Cashflow und Struktur setzen.
7. Mehr als ein Gift Bag – Rückenwind für unsere Vision

Steuervorteile entfalten nur dann Wirkung, wenn man sie strategisch nutzt – und flexibel genug ist, um zum richtigen Zeitpunkt zu handeln. Wir sind kein Konzern. Keine Struktur mit langen Wegen. Wir denken in Szenarien – und setzen um, sobald die Bedingungen stimmen.
Unser Vorgehen:
- Cost-Segregation-Analysen direkt nach Closing – um die Bonus-Abschreibung voll auszuschöpfen.
- Gezielte Terminierung der Inbetriebnahme – damit der steuerliche Effekt im optimalen Jahr greift.
- Section 179 nutzen wir dort, wo technische Ausstattung Teil der Value-Add-Strategie ist.
- Finanzierungsstruktur und Liquiditätsplanung passen wir an die steuerlichen Hebel an – um bessere Kreditkonditionen zu erzielen.
- Standortwahl nicht nach Bauchgefühl – sondern nach steuerlicher Tragfähigkeit.
Kurz gesagt: Wir sind schnell, weil wir klein sind. Und präzise, weil wir wissen, worauf es ankommt.
Fazit: Substanz statt Spekulation
Der „One Big Beautiful Bill Act“ schafft klare, dauerhaft geltende Rahmenbedingungen für steuerlich optimierte Immobilieninvestitionen in den USA. Insbesondere bei Bestandsobjekten eröffnen sich neue Gestaltungsspielräume – durch Bonus-Abschreibung, Section 179 und QBI-Deduktion.
Für strukturierte Investoren entstehen daraus keine Versprechen, sondern konkrete Handlungsoptionen. Nur wer die Regeln kennt, kann sie nutzen.
Aber für uns sind Steuervorteile nie ein Grund für eine Investition – und Subventionen machen kein Investment tragfähig. Jedes Investment muss sich auch ohne staatliche Geschenke rechnen.

Ja, die ‚Big Beautiful Bill‘ ist ein Steuergeschenk – unabhängig davon, wie man zur aktuellen US-Politik steht. Doch eines ist unbestreitbar: Diese Gesetzgebung ist investorenfreundlich, durchdacht und strategisch mutig.
Wer kann sich derzeit in Deutschland vorstellen, dass die Politik derartig weitgehende Maßnahmen einleitet, um die Profitabilität von Wohnraum zu steigern? Um die Investition in deutschen (womöglich bezahlbaren) Wohnraum zu fördern?
Das bestätigt einmal mehr, dass unsere Wahl, in den USA aktiv zu sein, einmal mehr belohnt wird.
Quellen und weitere Literatur: